Donnerstag, 13. Februar 2014

Das Opfer

So langsam schlug aber auch mir dieser ständige Nebel aufs Gemüt und mit jedem Tag den dieses Scheißwetter anhielt sank mein Zweckoptimismus rapide. Doch was sollte ich tun? Schließlich waren wir alle mit diesem Wetter und der Wassersituation gestraft und jammern half auch nicht wirklich weiter. Um mich abzulenken ging ich zum Hafen. Die Hoffnung war dass man dort von den Voskschiffern ein paar Neuigkeiten erfahren konnte. Sie konnten einen wenigstens sagen wie es in anderen Gegenden aussah, wohin man sich eventuell wenden könnte wenn man weiteres Wasser benötigt und ob der Nebel sich weiter ausgebreitet hatte oder ob nur wir davon betroffen waren.


Also machte ich mich auf den Weg. Als ich die Stadt verließ und je näher ich dem Vosk kam um so dichter wurde der Nebel und in den Senken versank man förmlich in diesem grauen Gewaber. Nur schemenhaft konnte ich aus der Entfernung die Umrisse des Hafens erkennen und irgendwie hatte ich schon hier den Eindruck als würde irgend etwas nicht stimmen. Langsam ging ich näher, zögernd nur, jeden Schritt vorsichtig setzend, tastete ich mich die letzten Meter bis zum Hafen vorwärts. Es war als wollte man es möglichst lange hinauszögern um nicht zu realisieren was sich mit jedem Schritt den man näher kam einen stärker aufdrängte bis es endlich zur Gewissheit wurde.


Der Hafen war nicht mehr, nicht mehr in seinem ursprünglichen Bau. Er lag förmlich in Trümmern, die Fähre gesunken, die Schiffe auf Grund gelaufen und auf der Seite liegend, die Kais zerstört. Entsetzt stand ich zwischen den Trümmern, zwischen den Resten dessen was mal unser Hafen war. Es sah aus als hätte hier irgendwas Gewaltiges eingeschlagen. Meine Gedanken rasten, ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen das es einen Überfall gegeben hatte, andererseits wollte ich aber auch nicht das glauben was am naheliegensten war, auch wenn Shani es diesmal war die sich jegliches orakeln verkniff und auf Optimismus machte. Die Rollen waren vertauscht.


Ich hatte genug gesehen und und machte mich auf den Weg zurück in die Stadt. Ich brauchte Gewissheit, ich musste mit den Kriegern sprechen und auch wenn ich in meinen innersten schon wusste dass ich, wenn es einen Überfall gegeben haben sollte, schon längst davon wissen würde. Das Läuten der Alarmglocke wäre nicht zu überhören gewesen. Leider bestätigte man meine schlimmsten Befürchtungen! Es gab keinen Überfall, allerdings wusste auch keiner der Krieger wie die Zerstörung zustande kam. Man hatte nur einen Anhaltspunkt und das waren die Leichen der Hafenwachen die genauso verkohlt waren wie große Teile des Hafens, von einen Kampf aber gab es keine Spur. Wir sahen uns an und wussten das wir alle das Gleiche dachten. Und alles nur wegen so einen verschissenen Baumeister!


Da die Krieger schon eher von den Geschehnissen erfahren hatten als ich, hatte Kin schon Vorkehrungen getroffen. Durch den Nebel konnte man schemenhaft erkennen das ein Kaiila vor dem Altar der Priesterkönige stand und er schaffte es auch bei mir eine Art Zugzwang auszulösen so das ich Shani losschickte um Pollux zu holen damit mein Kaiila ebenfalls zu Ehren der Priesterkönige geopfert werden kann. Das ich damit bei meiner Sklavin keine Freudentänze auslöse, war mir vorher schon klar, jammerte sie doch schon immer wenn es nur einen Hurt an den Kragen ging aber in Anbetracht der Situation enthielt sie sich heute jeglicher Äußerungen, sondern trabte mit hängenden Kopf los mein Kaiila zu holen.


Mittlerweile hatte sich halb Jorts vor der Feste versammelt und als Shani mit dem Kaiila sich auch vor dem Altar eingefunden hatte, ginge wir hinüber. Die Krieger beleuchteten mit Fackeln den Platz vor dem Altar und Kin ließ es sich nicht nehmen die rituelle Tötung der Tiere selber vorzunehmen. Ich selber stand mit erhobenen Armen etwas abseits und betete während der der ganzen Zeremonie zu jenen die im Sardar wohnen. Kin sein Kaiila fiel zuerst, dann meines und als beide Tiere tot auf dem Rasen lagen und das Blut in Stößen aus der offenen Halsschlagader auf das Gras spritze wurden die Kajirae angewiesen dieses aufzufangen und zum Altar zu bringen.


Sie taten es, leicht widerwillig, mit Tränen, Ekel und Abscheu in ihren Augen aber sie brachten das Blut zum Altar und damit auch den Priesterkönigen. Ich ließ die Arme sinken, meine Gebete verstummten, das Blut war am Altar und nur noch einzelne Rufe waren zu hören in denen man die Priesterkönige um Vergebung bat. Es blieb nichts mehr zu tun. Für heute war es genug, nun hieß es warten ob die Priesterkönige eine Reaktion zeigten, ob sie uns ein Zeichen schicken würden. Wenn nicht würden die Opferungen morgen weitergehen. Die Sklaven durften sich nun waschen damit sie das Blut von den Händen bekamen. Auch wenn das unsere Wasserverwalter mit Entsetzen sahen so haben wir es nicht zugelassen dass das Blut welches wir geopfert hatten sich mit dem vergifteten Wasser vermischt, sondern das sie zum Waschen das saubere, aus Siba importierte, Wasser nahmen.


Während Shani noch mit den anderen Sklavinnen in der Feste war und sich dort unter Aufsicht wusch, blieb ich noch auf dem Platz vor der Feste und unterhielt mich mit einigen Bürgern der Stadt. Das Thema hatte sich logischerweise noch nicht geändert, immer noch ging es um eine mögliche Strafe durch die Priesterkönige und wie wir damit umgehen. Ja wir drehten uns im Kreis aber wir waren einfach zu ohnmächtig um diesen Kreis zu durchrechen und uns anderen Dingen zuzuwenden. Wozu auch? Zum Glück kam Bal aus der Feste zurück und wollte mich sprechen. Da es um die Wasservorräte ging schleppte er mich mit in die Mauern der Festung. Die Waschung der Kajirae hatte wohl seinen Rationierungsplan arg durcheinander gebracht.

Ich ließ mir von ihm und der Schreiberin einen Vorschlag unterbreiten wie wir weiter verfahren wollen. Die Rationen wurden weiter eingeschränkt, der Bestand an Sklaven und Tieren wird bei der Ausgabe nicht mehr berücksichtigt, wer mehr Wasser braucht als dass was er in der Feste erhält muss hoffen das Jean die Filtrierapperate rechtzeitig fertig bekommt und diese dann nutzen um weiteres Wasser herzustellen. Eine einsame Entscheidung die ich in diesem Moment treffen musste aber da kein anderes Ratsmitglied mehr greifbar war, blieb mir nichts anderes übrig. Als ich die Feste verließ dachte ich nochmal über Kin seinen Vorschlag nach einen Notstandsubar einzusetzen, so nannte er es wohl.


Grundsätzlich hielt ich den Gedanken in diesen Zeiten eine einzelne Person die Geschicke von Jorts lenken zu lassen, nicht für falsch. Wir brauchten schnelle Entscheidungen und auch wenn der Rat mittlerweile sehr effizient arbeitete, ging es jetzt im Zweifel um jede Ihn. Nur an dem Begriff Ubar störte ich mich, wir waren nicht im Krieg und der Begriff Ubar implizierte das dieser Mann der die Geschicke von Jorts für einen beschränkten Zeitraum lenken soll, nur aus einer Kaste kommen kann. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf ging ich zum Gasthaus um mit einen oder mehreren Pagas mein Kaiila aus meinem Gedächtnis zu löschen.

GR

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