Dienstag, 29. Mai 2012

Das Pergament

Der Schmied sitzt auf seiner Truhe, ein zufriedenes Grinsen umspielt seinen Mund, in der Hand hält er ein Stück Pergament welches durch Boten verteilt wurde. Er kann zwar nicht lesen aber er kennt den Text in und auswendig. Jedes Wort, jede Interpunktation ist ihm geläufig, wieder und wieder hat er es sich den Text vorlesen lassen, jetzt hat er sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Am meisten hatte es ihm der folgende Satz angetan:
"Und wenn selbst der Schmied (der sonst beim Wort Bürokratie einen so dicken Hals bekommt, als würde ihm ein zweiter Kopf wachsen) sich die Zeit nahm, den Antrag zu verstehen, muss wohl was dran sein, oder?"
Was war geschehen das ausgerechnet er als Schmied, als einer der Angehörigen einer Kaste wie sie in einer Stadt kaum geringer sein könnte, als Argumentationsgrundlage herhalten musste? Das Grinsen in seinem Gesicht wurde breiter. Es scheint sich wohl Nervosität breit zu machen, wenn man ihm soviel Beachtung schenkt. Dabei stimmte es, warum nicht die Bürokratie mit ihren eigenen Mitteln schlagen und sie dann dorthin verlagern wo sie hingehört. Sollen doch die Kasten ihre Arbeit machen, ohne das alles einen Umweg über den Rat nimmt und so wie man einem Handwerker einen Auftrag gibt ohne ihn rein zureden wie er seine Arbeit machen soll, so sollte es doch auch möglich sein der roten Kaste den Auftrag zu geben die Stadt zu schützen und ihr dafür ein Budget zur Verfügung zu stellen. Ist das Vertrauen auf die Krieger, die immerhin alle samt und sonders auf den Heimstein geschworen haben so gering, das man glaubt, sie seien nicht in der Lage diese Aufgabe zu erfüllen? Reicht als Bindeglied nicht der Kastenerste?

Was wenn die Kaste der Krieger nur die Erste ist, der man ihre Selbstständigkeit berauben will, was wenn sich das fortsetzt? Wer sind die Nächsten? Die Blauen? Deren ureigenen Ämter man schon mit Hausbauern besetzt hat und die dafür Arbeiten der Händler erledigen müssen. Wann wird der Händler anfangen selber zu schmieden und mit welcher Arbeit sollte er sich dann über Wasser halten? Eigentlich will er da gar nicht drüber nachdenken, doch das Alles lässt ihm keine Ruhe. Er ist sich sicher das es richtig war den Antrag zu unterstützen, fast noch sicherer als an dem Tag wo er seine Zustimmung dazu gab

Doch jetzt heißt es auf die nächste Ratssitzung  hoffen und vor allem darauf das sie das alles klären wird. Wobei? Der Schachzug mit dem angedrohten Rücktritt ist nicht schlecht. Zumindest für die Regentin und Derjenigen die ihr in dieser Sache folgen. Diese Drohung wird Unterstützer des Antrages wankelmütig werden lassen und Wankelmütige zu Gegnern. Den Antrag so durch den Rat zu bekommen wird dadurch deutlich erschwert. Das Grinsen gefriert in seinem Gesicht als er über diese Möglichkeit nachdenkt. Doch andererseits ist die Chance die sie selber dadurch erst eröffnet hat und welche so gar nicht Ziel des Antrages war, nämlich vorzeitig einen Mann als Stadtoberhaupt einzusetzen und so die Welt wieder von dem Kopf auf die Füße zu stellen, dieses Risiko wert eingegangen zu werden.

Langsam erhebt er sich, die Zuversicht erhellt langsam sein Gesicht als er die paar Schritte zur Werkstatt hinüber geht. Im Laufen zerknüllt er das Pergament, er brauch es nicht mehr, alles was er wissen muss hat er in seinen Kopf, zu allem was er jetzt noch tun muss werden ihm die Priesterkönige hoffentlich ihren Segen nicht verwehren. Die Kugel aus Pergament landet in dem großen Feuer in der Schmiede, als es in Flammen aufgeht, wendet er sich ab, es gilt ein paar Dinge anzupacken.

GR

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen